Einführung in quantitative Methoden in der Psychologie

Alle psychologischen Untersuchungen lassen sich in eine von zwei grundlegenden Kategorien einordnen, nämlich quantitative und qualitative Methoden. Diesen beiden Ansätzen liegen sehr unterschiedliche Philosophien und Methoden zugrunde und weisen sowohl Stärken als auch Schwächen auf.

Was sind quantitative Methoden?

Der quantitative Ansatz behandelt Individuen als Phänomene, die genau quantifiziert, gemessen und getestet werden können. Diese numerischen Variablen werden gesammelt und statistische Verfahren werden darauf angewendet, um Hypothesen zu prüfen und Schlussfolgerungen zu ziehen.

Die numerischen Variablen könnten Maße für Einstellungen oder Meinungen sein (z. B. „stimme überhaupt nicht zu“ = 1, „stimme nicht zu“ = 2, „neutral“ = 3, „stimme zu“ = 4 oder „stimme voll und ganz zu“ = 5) ebenso wie Messungen der Zeit, Geschwindigkeit oder Größe eines elektrischen Impulses.

Wie werden quantitative Methoden eingesetzt?

Diese Variablen können dann entweder mit deskriptiv- oder inferenzstatistischen Verfahren untersucht werden:

Ein deskriptiver Test gibt eine Reihe von Informationen zu den gesammelten Daten aus, z. B. die Beschreibung der durchschnittlichen oder mittleren Körpergröße von 100 Personen, wohingegen ein Inferenztest die gesammelten Informationen verwendet, um Hypothesen zu testen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Beispielsweise könnte aus der Körpergröße von 100 Personen abgeleitet werden, dass diese Ergebnisse für die breitere Bevölkerung verallgemeinert werden können, oder untersucht werden, ob die durchschnittliche Körpergröße der Männer größer ist als die der Frauen.

Quantitative Daten sind in der Regel nicht schwer zu erfassen und daher kann die quantitative Forschung problemlos eine große Anzahl von Menschen testen. Je größer der Datensatz, desto zuverlässiger ist die Forschung und demensprechend umso repräsentativer für die allgemeine Bevölkerung.

Was sind Objektivität, Zuverlässigkeit und Gültigkeit?

Wenn ein psychologisches Experiment objektiv (eng. objective) ist, bedeutet dies, dass es frei von äußeren Einflüssen ist. Stellen Sie sich vor, wir haben ein Untersuchungsziel ausgewählt, etwas, das wir untersuchen möchten, und unser Experiment kann durch das Abfeuern von Pfeilen auf dieses Ziel dargestellt werden. In dieser Analogie eines objektiven Experiments werden die Pfeile nicht von äußeren Einflüssen (z. B. dem Wind) beeinflusst.

Wenn ein psychologisches Experiment zuverlässig (eng. reliable) ist, bedeutet dies, dass es, wenn es wiederholt wird, die gleichen Ergebnisse liefert. In der obigen Analogie, werden die Pfeile immer an der gleichen Stelle auf der Zielscheibe landen, egal wie viele Pfeile wir schießen. Auch wenn unsere Pfeile das Ziel jedes Mal an derselben Stelle treffen, ist es möglicherweise nicht die richtige Stelle (das Experiment gibt möglicherweise nicht die richtige oder wahre Antwort auf die Fragestellung).

Wenn ein Experiment gültig ist, zeigt es die richtige oder wahre Antwort auf die Fragestellung, sodass unsere Pfeile das Ziel an der richtigen Stelle treffen.

 


Psychologische Experimente zielen darauf ab, objektiv, zuverlässig und gültig zu sein, obwohl es oft unmöglich ist, diese Kriterien hundertprozentig zu erfüllen. Quantitative Experimente zielen besonders darauf ab, so objektiv wie möglich zu sein und verlassen sich eher auf Statistik als auf die Interpretationen der Forscher*innen.

Durch die Verwendung numerischer datengesteuerter Methoden zielt die quantitative Forschung darauf ab, so objektiv, zuverlässig und gültig wie möglich zu sein, und bevorzugt statistische Analysen anstelle der subjektiven Interpretationen der Forscher*innen. Der Preis dafür ist jedoch, dass quantitative Forschung komplexe psychologische Themen nicht in der Tiefe untersuchen, nur Beziehungen basierend auf gesammelten Daten vermuten und nicht die Frage nach dem „Warum?“ stellen kann.

 
Beeinflusst das Studienjahr die Lesezeit der Studierenden? Ein Beispiel.

Ein Forscher fragt eine Gruppe von 150 Universitätsstudent*innen (50 im ersten Jahr, 50 im zweiten Jahr und 50 im dritten Jahr), wie viel Zeit sie mit zusätzlichem Lesen pro Woche verbringen.

Deskriptive Statistiken zeigen, dass die Anzahl der zusätzlichen Lesestunden zwischen 6 und 24 variiert, aber die durchschnittliche Anzahl der Lesestunden für Student*innen beträgt im ersten Jahr 10 Stunden, im zweiten Jahr 15 Stunden und im dritten Jahr 20 Stunden

 

Inferenzstatistiken zeigen, dass es einen statistischen Zusammenhang zwischen dem Studienjahr und den zusätzlichen Lesestunden gibt, aber diese Untersuchung zeigt nicht, warum das der Fall ist. Vielleicht ist die Arbeit umso schwieriger, je weiter das Studium fortgeschritten ist, sodass mehr zusätzliche Lesestunden erforderlich sind? Vielleicht ist der Inhalt im zweiten und dritten Jahr anspruchsvoller, sodass die Schüler*innen das zusätzliche Lesen interessanter finden?

Quantitative Forschung kann zeigen, dass es eine Verbindung gibt, aber um zu verstehen, warum die Verbindung besteht, müssen wir qualitative Forschungsmethoden anwenden.

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